Drachen

Die Drachen Arumirs leben seit Jahrtausenden in der Gewisheit, dass sie die wahren Herrscher der Welt sind. Sie haben die Menschenschaffer überlebt, sie haben die Feenmütter überlebt, sie haben die Drachen überlebt, die von jenseits der Welt kamen.
Gut, die Götter der Menschen haben diese winzigen Geschöpfe so weit gebracht, dass sie ihre eigenen unbedeutenden Reiche gründen konnten, aber auch die Menschen werden untergehen. Dafür werden die uralten Intrigen der Drachen schon sorgen. Schließlich haben Drachen ein sehr langes Gedächtnis und so leicht vergißt man die Erniedrigungen nicht, die einem in der eigenen Jugend, vor nicht einmal 1700 Jahren, zugefügt wurden.
Wenn die Drachen jedoch an den letzten großen Krieg denken, dann erinnern sie sich daran, dass sie das Reich der Linen-Scherec vernichtet haben. Dann erinnern sie sich an die Unterwerfung der Amabearen, an die endgültige Versklavung der Arumiri und die Wahrung ihrer Stammlande.
Nicht daran, dass mehr als vier Fünftel aller Drachen starben, nicht an die Siege der Ulgoelan und der Osispunreiche oder daran, dass sich die Zwerge immer noch ihrem Einfluß entziehen. Denn der Haß der Drachen auf die Höhlenbewohner, die mit ihrem Gott vor ewigen Zeiten (selbst für Drachen, bei denen dies nur zwei Generationen sein mögen) gegen den größten Schwarm, der jemals aus den Burgen der Drachen geflogen ist, bestanden, ist unvermindert und die Zwerge sind wohl die einzigen Wesen, die sie niemals verspeisen würden.

Aber das Leben der Drachen ist nicht nur von ihren Intrigen und ihrem Hass bestimmt. Denn die meisten Drachen kümmern sich nicht einmal um die Wesen, die nicht lange genug leben, als das es sich wirklich lohnen würde, sie als Sklaven einzuarbeiten.

In den heutigen Zeiten ist jeder Drache vornehm, hat wenigstens eine kleine Festung oder dient als Ehrenritter einer großen Herrin. Gemäß den Statuten des Drachenfriedens haben die Drachen seit über 1600 Jahren keine Königin mehr sondern werden von einem Rat regiert, der in unregelmäßigen Abständen in einer der großen Burgen tagt. Aber selbst bei dem Hirarchieglauben und der langen Erinnerung der Drachen, sind Zeiträume von mehreren Jahrzenten zwischen diesen Tagungen wohl zu groß, als dass man es tatsächlich als Regierung betrachten könnte.
So herrscht jede große Ssraim über ihr Heimatreich und versucht heimlich die Grenzen auszudehnen. Auch zu Lasten anderer Drachen.

Das Leben eines Drachen läßt viel Raum für Muße. Sie schlafen viel, Dichtkunst ist hoch angesehen und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass zu Dichterwettkämpfen mehr Drachen versammelt sind als zu jedem anderen Fest. Sie wissen die Künste der Menschen zu schätzen, auch wenn kein Mensch wirklich befriedigend eine richtige Sprache spricht - d.h. die richtige Sprache spricht.
Obwohl sie so viel Muße haben und auch Geschichten lieben, haben die Drachen es in all ihren Jahren der Herrschaft nicht für nötig gehalten, eine Schrift zu entwickeln. Zu Verwaltungszwecken ist es ihren Untertanen erlaubt, alles zu verschriftlichen, anderes Schrifttum ist jedoch strickt verboten.
Für die meisten Drachen gibt es darüber hinaus nur zwei Wege, die ihres Volkes würdig sind: Studium der Magie oder des Kampfs. Beides hat den Vorteil, dass man sich immer wieder darin üben und messen kann, etwas, dass Drachen gerne tun.
In den jungen Jahren neigen gerade die männlichen Drachen dazu, den Schwertkampf zu erlernen, je älter sie werden, desto wahrscheinlicher wird die Beschäftigung mit der Magie.
Jeder Drache, der die Magie erlernen will, sucht sich eine Lehrerin, die ihr die Grundlagen beibringt, Danach sind die Adepten auf sich alleine gestellt und beginnen, die Bibliotheken ihrer Ahnen zu durchforsten oder nach weiteren Grimoiren zu forschen, etwas, das die langen Lebensjahre schnell verstreichen läßt. Meist beginnen Drachenmagierinnen damit, sich auf bestimmte Gebiete zu spezialisieren.

Eine Tätigkeit, in der sehr viele Drachen wahre Meister sind, ist die Schmiedekunst. Jeder Kriegerdrache, der etwas auf sich hält, besitzt eine große Rüstung und ein mächtiges Schwert, speziell für ihn gefertigt. Und da Drachen nicht aufhören zu wachsen, werden diese Rüstungen immer weiter angepaßt, bis niemand mehr außer dem Träger sie überhaupt noch bewegen kann.
Diese Rüstungen sind wahre Kunstwerke, in der Funktionalität wie auch im Schmuck. Das Metall wird über die Jahrhunderte immer weiter gehärtet und mit neuen Schichten überzogen, neue Muster geritzt, die die alten ergänzen und die Scharniere verfeinert.
Wenn auch die Drachen nicht auf Schätzen schlafen, würden sie sich mit ihrer Rüstung hinlegen, würden sie zumindest in einem schlafen.

Was jedoch die Drachen in den letzten Jahrtausenden am innigsten beschäftigt hat, ist die Numerologie. Sie sind davon überzeugt, dass sich alles in Zahlen ausdrücken läßt und die perfekte Ordnung (und damit auch die perfekte Herrschaft) in wohl gewählten Zahlen liegt. Daher ist Arumir in allen Lebensbereichen von Zahlen durchwoben, besonders der sechs, die den Drachen als die perfekteste aller Zahlen gilt, basiert ihre Zählung doch auf sechs und nicht auf zehn (was evtl. damit zu tun hat, dass sie sechs Finger an jeder Hand haben).

Das Verhältnis der Drachinen zu ihren ausschließlich menschlichen Untertanen ist sehr entspannt, von ihnen aus zumindest. Es gibt niemanden in Arumir, der einem Drachen gefährlich werden könnte. Wenn jemand ein Vergehen begeht, wird er getötet.
Alle nötigen Gesetze sind seit Jahrtausenden erlassen und die Hirarchien so fest gefügt, dass niemand daran denkt, an ihnen zu ruckeln.
Dass soll nicht heißen, dass die Drachinnen nur Hohn und Verachtung für ihre Untertanen übrig haben. Es gibt solche unter ihnen, die sich tatsächlich für die Belange der Menschen interessieren und die Fähigkeiten ihrer Untertanen zu würdigen wissen. Dieses Interesse beruht jedoch eher auf dem Wissen um die Stärke der kleinen Völker, die sie im letzten Krieg bewiesen haben, als auf tatsächlicher Achtung.